Philosophieren in der
Praxis
Philosophieren ist nicht als "dankbare Unterhaltung" sondern
vielmehr als ein nachhaltig
wirkendes Bildungsprinzip und Persönlichkeitsbildung zu
verstehen. Die Mehrwert ist nicht sofort zu erkennen.
Das Zetzwerk der Akademie versucht deshalb schon seit 2010, das Philosophieren
bekannter zu machen und kann mittlerweile auf unzählige
"Philosophier-Projekte" in Schulen, Bildungseinrichtungen oder im
Weiterbildungsbereich zurückblicken.
Inhalt dieser
Seite:
Beispiele für praxisnahe
Projekte:
Was bringt die
Praxis?
Philosophie versus
Philosophieren
Religionsunterricht, Ethik und Philosophieren
Der Glaube und das Glauben
Die Welt einer
philosophischen GesprächsleiterIn
Zitate von Kindern und Jugendlichen
Rückmeldungen von
LehrgangsteilnehmerInnen
Beispiele für praxisnahe
Projekte:
Kombination Philosophieren
mit Tanzmusical, VS 1170 Wien (2021)

Schwerpunkt "Philosophieren" am
Beispiel OSV Zeltgasse, 1080 Wien (2015 - 2019)

In der
VS Zeltgasse
fanden zusagen als Modellschule über Jahre hinweg
Philosophier-Workshops für alle Klassen statt. Ein großer Teil
der PädagogInnen als auch einige Eltern wurden in einem internen
Lehrgang im Philosophieren mit Kindern von der Akademie ausgebildet. Die Hauptinitiatorin war Neslihan Turan-Berger,
die mit viel Engagement und persönlichen
Einsatz
dieses Projekt ermöglichte. Im Herbst 2017 wurden vom
Stadtschulrat offiziell Stunden für das Philosophieren freigegeben.
Pfingstlager Kinderfreunde
Niederösterreich - philosophieren mit 450 Personen
(2017)

Diese Aktion mit den Kinderfreunden NÖ,
wo wir mit 21 Gruppen und 450 Personen philosophiert haben,
dürfte ein Weltrekord gewesen sein.
Kinder-UNI

Schon mehrere Male waren
wir auf der
Kinder-UNI Wien vertreten und forschten mit dem Nachwuchs.
Philosophieren und
Outdoor-Pädagogik
Die Akademie entwickelt für das
Philosophieren laufend passende Spiele, Workshops sowie
outdoor-pädagogische Übungen. Ein erfolgreich umgesetztes Beispiel ist
das so genannte "analoge Computerspiel", welches ein
Computerspiel in der Realität nachempfindet.
Philosophieren für "jedermensch"

Physiker Werner Gruber samt Kolleginnen in
unserem Workshop
Philosophieren ist mit der richtigen Moderation auch
Alltagstauglich. So haben wir mit Prominenten genauso wie mit
PolitikerInnen im Rathaus philosophiert.
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Was bringt die
Praxis?

Folgende belegbare Veränderungen konnten
beobachtet und evaluiert werden:
-
„Das Frageverhalten und die
Gesprächsbereitschaft der Kinder verändern sich, sie werden neugieriger
und hinterfragen mehr. Sie äußern häufiger eigene Standpunkte und
begründen sie selbstbewusster.
-
Verhaltensauffällige Kinder (sowohl mit
aggressiv-auffälligem Verhalten als auch mit Rückzugsverhalten)
bringen sich stärker ein.
-
Der Umgang der Kinder untereinander verändert sich;
Konflikte werden zunehmend verbal gelöst.
Die Aufmerksamkeitsspannen der Kinder verlängern sich.
Gerade Kinder mit Migrationshintergrund erweitern
deutlich ihren Wortschatz und werden grammatikalisch sicherer.
Hochbegabte Kinder und Kinder mit Lernstörungen lassen
sich besser in die Gruppe integrieren und bringen sich überraschend
intensiv ein.
Die Gesprächskultur der philosophischen Gespräche wirkt
sich auch auf andere Fächer aus, in denen Kinder den Gedanken ihrer
Mitschüler mehr Wertschätzung entgegenbringen, aktiv Perspektiven
wechseln und inhaltlich aufeinander Bezug nehmen.
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Philosophie versus
Philosophieren

Im Laufe der Jahre zeigte sich oft,
dass viele Menschen nicht zwischen Philosophie und Philosophieren
differenzieren. Das entspricht etwa dem bekannten "Theorie und Praxis
Problem". Ein Buch über Gebirgswanderungen oder etwas das
Hochalpingebirge zu lesen ist vergleichsweise
etwas völlig anderes, als selber mit dem Rucksack loszumarschieren! Und
so verhält es sich genauso beim Philosophieren und der Philosophie. Anstatt theoretische
Abhandlungen zu diskutieren, werden die Inhalte beim Philosophieren anhand von philosophischen
Fragen in der Gruppe selbst erarbeitet. Es geht beim Philosophieren um
den Prozess, der
zum Unterschied von der Philosophie, kein Ergebnis als Ziel hat.
Vielmehr geht es um den Austausch von Gedanken, die natürlich zu einem
Gesamtbild oder einem Forschungsergebnis zusammen gefasst werden
können. Im Zentrum steht aber das Individuum, welches zum Denken
angeregt wird sowie die Gemeinschaft, die die unterschiedlichsten
Meinungen und Erfahrungen gemeinsam betrachtet und hinterfragt.
Es geht beim Philosophieren also nicht um das
reine Zitieren von vorhandenem Texten oder Konzepten aus der Philosophie. Im Vordergrund stehen die
eigenen Erfahrungen und eigenen Gedanken, mit denen zu einer, zumeist philosophischen Frage geforscht wird. Die Fragestellung ist beim
Philosophieren eine wesentliche und gleichzeitig eine der schwierigsten
Aufgaben für die Gesprächsleitung. Dies ist der auch Grund, warum die philosophische Frage im ersten Modul
der Ausbildungsreihe der Akademie einer der zentralsten
Bausteine darstellt.
In den letzten Jahrzehnten ist eine
Vielzahl von Varianten des Philosophierens entstanden, die größtenteils
noch auf die allerersten Versuche des Philosophierens zurück gehen und
sich bis heute halten. Wir unterscheiden dabei "Kinderphilosophie",
"Philosophie für Kinder" (oder p4c - philosophy for children), "Kinder
philosophieren" oder eben auch "Philosophieren mit Kindern", wie wir
es nennen. Alle unterscheiden sich voneinander in
ihrer Methodik und Herangehensweise oder ihrem grundsätzlichen Ansatz. Es verhält sich dabei
vergleichsweise wie beim Tanzen, wo es eine Vielzahl von Angeboten gibt,
also beispielsweise gibt es Gruppentänze
genauso wie kreative Paartänze. Die Akademie hat bereits vor vielen Jahren
ihr Modell entwickelt, welches diese unterschiedlichen Formen des
Philosophierens vereint. In den Ausbildungen der Akademie werden diese
Formen methodisch wie didaktisch vermittelt und praxisnah weitergegeben.
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Religionsunterricht, Ethik und Philosophieren
In unzähligen Gesprächen mit
DirektorInnen, LehrerInnen und Eltern begegne ich oft dieser Frage, mit
all ihren Facetten und Herausforderungen! Seit über 30 Jahren gibt es
(öffentliche) Diskussionen, einen Ethikunterricht flächendeckend zu
etablieren. Der Religionsunterricht findet vielerorts statt, allerdings
melden sich immer mehr Kinder davon ab. Dafür gibt es je nach Standort
Ersatzunterricht oder eine Freistunde. Warum ist das so? Was bräuchte
es, um junge Menschen zusammen und im "Digitalen Wahnsinn" wieder
ins Gespräch zu bringen?
Gemeinschaft entsteht doch immer
durch ein gemeinsames Gespräch, zu zweit oder in der Gruppe. Es ist im
Grunde ein einfacher und mit Verlaub ein sehr heilsamer Weg, wenn man
ihn einmal in Gang gebracht hat. Aber wo finden heute noch Gespräche in
Ruhe statt? In meinen Gesprächen mit LehrerInnen in den letzten 15
Jahren wurde mir klar, dass die Kindergärten und Schulen schlichtweg
überfordert sind. Lehrerkörper sind Erziehende, Krisenplattform und
Wissensvermittler zugleich! Oder müssen es zwangsläufig sein. Wie oft
höre ich in den Seminaren von Überforderung, die sich mit liebevoller
Empathie und Freude am Beruf nicht ewig vereinbaren lässt! In einem der
letzten Seminare sprachen wir in der Gruppe eingehend über
Schlaflosigkeit. Ich war entsetzt. Wie kommt es, dass die meisten
aufgrund ihrer herausfordernden Arbeit in einer Volksschule oft nicht
schlafen können? Was ist das für eine Lebensqualität? Warum wird darüber
einfach hinweg gesehen und wer wäre denn Zuständig für eine Veränderung?
Konzepte und Ideen sowie Beispiele aus anderen Ländern gäbe es ja
zuhauf! In Hawaii hat Jackson beispielsweise eine Brennpunktschule
innerhalb von Jahren zu einer Vorzeigeschule mit Bestleistungen der
SchülerInnen entwickelt. Und wie? In jeder Klasse wird wöchentlich
philosophiert!
Das Philosophieren als
Bildungsprinzip zu "verkaufen", ist ein schwieriges Unterfangen, da es
als Unterrichtsform nicht gefällig ist. Der Mehrwert ist nicht sofort
sichtbar, da soziale Kompetenzen nicht wie bei einer Schularbeit oder
Studie sofort sichtbar sind. Wenn man sich aber erfolgreiche Firmen
ansieht, wo die sozialen Kompetenzen, die Motivation und Freude der
Menschen ansieht, könnte man den "Ertrag" des Philosophierens eigentlich
erahnen.
Die Akademie bemüht sich, diese
Entwicklung mit zu tragen und einen Beitrag für eine gesunde
Gemeinschaft anzubieten. Wir wünschen uns, dass die Politik die
nachhaltige Qualität irgendwann erkennt und diese Entwicklung
unterstützt.
(U.Paya)
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Der Glaube und das Glauben
Dieser Artikel soll Ihnen ein wenig das Wesen des
Philosophierens anhand des Unterschiedes zwischen Glaube und Glauben
näher bringen. An unseren Ausbildungen nehmen immer wieder
ReligionslehrerInnen und TheologInnen mit unterschiedlichem Glauben
teil. Aber in unseren philosophischen Gesprächen behandeln wir das
Glauben an sich und erforschen mit Kindern oder Jugendlichen, was es
damit eigentlich auf sich hat. Der Glaube wird als fertiges Konzept und
Wissen nicht behandelt. Er kann aber in manchen Fällen Anlass für ein
Gespräch sein.
Natürlich spielt für viele der Glaube, den die
meisten von ihrer Herkunftsfamilie oder Kultur her kennen, eine große
Rolle. Beim Philosophieren diskutieren wir nicht die unterschiedlichen
Glaubensrichtungen, sondern befassen uns mit dem Glauben ganz allgemein.
Fragen könnten dabei sein: "Was bedeutet es, etwas zu glauben? Wie fühlt
sich das Glauben an? Und worin besteht der Unterschied zum Wissen?
Es hat sich gezeigt, dass Kinder und Jugendliche sich
sehr gerne mit diesen Fragen auseinander setzen. Die Religion spielt
dabei keine Rolle und ich halte es für wesentlich, hier den Denkprozess
und das Forschen nach dem Wesen einer Begebenheit nicht mit einem
religiösen Glauben zu vermischen. Doch ist es für viele auch ein Anlass,
sich mit der einen oder anderen Religion oder Weltanschauung näher zu
befassen. Und das in einer anderen Form von Qualität, weil sie eine ganz
andere Eigenmotivation beinhaltet. Viele existentielle Fragen wie die
Frage nach dem Sinn des Lebens werden durch Religionen beantwortet. Das
Philosophieren ist aber wertfrei und ergebnisoffen und gibt keine Antworten oder
suggeriert in irgendeiner Form oder in versteckter Weise einen Inhalt.
Das Philosophieren als Kulturtechnik und als Bildungsprinzip fördert das eigene
Denken und den integrativen Prozess der Gemeinschaft, wo gemeinsam
Lebensthemen entdeckt und erforscht werden.
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Die Welt einer philosophischen
GesprächsleiterIn

TrainerInnen, Eltern und
PädagogInnen
übernehmen die Rolle der Moderation im offenen
Prozess des Philosophierens.
Sie schaffen die Rahmenbedingungen für das Philosophieren anhand von
Ritualen und der speziellen Gesprächsführung, die dafür erlernt werden
muss. Sie entwickeln sich dabei mit den
Kindern weiter, entdecken das eigene Staunen ebenso wie neue Gedanken. Sie entwickeln sich zudem
zu gleichberechtigten GesprächspartnerInnen auf Augenhöhe und werden im
Umgang mit den Kindern geduldiger. Anhand der philosophischen
Fragestellung kann eine neue Qualität des Zuhörens in einer Gruppe
etabliert werden. Das bedarf anfangs zwar eines Lernprozesses für alle
Beteiligten und ein Maß an Geduld. Nach einiger Zeit aber entlastet das
Philosophieren den Regelunterricht, da die
Gruppengemeinschaft lernt, eigene Antworten zu erarbeiten und
Lösungen zu entwickeln. Die GesprächsleiterInnen sind motiviert und
selber neugierig, an philosophischen Fragen zu forschen. Zudem können
sie anhand der philosophischen Gespräche gerade besonders ruhige oder auffällige Kinder besser
kennen und einschätzen lernen. Das Philosophieren bereichert
die GesprächsleiterInnen bereits beim Vorbereiten auf ein bestimmtes
Thema. Es bringt
für das eigene Leben viele neue Aspekte und Inhalte, die nicht mehr vom
Erwachsenen alleine, sondern von der gesamten Gruppe mitgetragen und
verantwortet werden. Denn es geht stets um unser Menschsein und unsere
Lebensfragen, und die betreffen jüngere wie ältere Menschen
gleichermaßen.
Die Akademie bildet Menschen zur Gesprächsleitung aus und begleitet sie
in diesem Prozess.
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Rückmeldungen von
LehrgangsteilnehmerInnen
Mit vielen TeilnehmerInnen der
Ausbildung zur philosophischen Gesprächsleitung pflegt die Akademie auch
nach der Ausbildung den Kontakt weiter. Hier ein paar Rückmeldungen zur
Ausbildung. Es freut uns jedes Mal, dass die intensive Ausbildung gut
ankommt und alle viel für sich mitnehmen können:
"Philosophieren bedeutet für mich, dass wir Menschen uns mit Themen in
einem tieferen Sinne auseinandersetzen. Die wichtigste Voraussetzung
dafür ist, den Verstand intensiv einzusetzen, zu staunen, anderen
zuzuhören und voneinander zu lernen."
Neslihan
T.
"Beim
Philosophieren kann ich mit Menschen in Verbindung gehen, auf eine
grundlegende, ureigentümliche Weise und mit etwas Geschick und Glück
einen sehr friedvollen Raum eröffnen."
Svantje
W.
Philosophieren
bedeutet für mich: Leben!"
Fatma
"Philosophieren
bedeutet für mich, die Auseinandersetzung mit den eigenen Gedanken und
den Empfindungen anderer TeilnemerInnen...."
Julia
S.
"....ich kann eine andere
Lebenseinstellung erarbeiten und über etwas nachdenken, worüber ich noch
nie nachgedacht habe. Ich habe eine bessere Orientierung mit dem Leben,
mit Bedürfnissen, Beziehungen und Freunden erhalten. Ich höre den
Menschen anders zu und überlege mehr....es ist eine sehr schöne
Erfahrung"
Helina
K.
"Philosophieren
heißt: über das Leben nachdenken. In der Gruppe kommt man dabei oft viel
weiter in die Thematik, als wenn man es nur alleine versucht hätte...."
David
S.
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Zitate von Kindern und
Jugendlichen
“Wir können auch mit
Sandburgen die Welt verändern....”
(Kindergartenkind zum Thema
"Veränderung", siehe auch gleichnamiges Buch d. Umweltbildung)
"..... ich habe das immer anders gedacht. Das muss ich jetzt neu denken."
(Hamzat S., 17J, Migrant aus Tschetschenien,
nach einer Gesprächrunde über das Thema "Was ist Anderssein?",
wo es mitunter um Rassismus ging. Seine Rückmeldung war der Beginn eines persönlichen Gesprächs
und eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus)
"....dürfen wir heute als
Hausübung Philosophieren?"
(Schülerin, Philosophieren in der NMS)
“Ohne Bezug zu allem gibt es
keine Beziehungen”
(Vorschulkind, Tossgasse zum
Thema Beziehung)
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